Was fehlt?

Im Bundestag gibt es seit Frühjahr 2014 einen Ausschuss „Digitale Agenda“. Im Ausschuss sollen laut Bundestags-Website „die verschiedenen Aspekte der Digitalisierung und Vernetzung fachübergreifend diskutiert und entscheidende Weichen für den digitalen Wandel gestellt werden. Netzpolitik ist für den Ausschuss kein „Nischenthema“. (…) Das Gremium sieht sich vielmehr als wichtiger Impulsgeber für die parlamentarische Arbeit.“

Anfang Dezember 2014 traf sich der Ausschuss zu einem Fachgespräch zum Thema „Urheberrecht“. Eingeladen waren:

  • ein Medienrechtler aus Münster
  • ein Medienrechtler aus Berlin
  • ein Medienrechtler aus Göttingen
  • eine Vertreterin der Bitkom, dem Verband der Digitalwirtschaft
  • der Redaktionsleiter von von iRights.info

Wer genau hinsieht, dem fällt sofort auf, dass in dieser Liste jemand fehlt, nämlich ein Vertreter der Urheber, was laut einem Artikel auf heise.de auch die „Deutsche Content Allianz“ bedauert hat.

Die AGD – Allianz deutscher Designer – setzt sich laut eigener Aussage „vor dem Gesetzgeber (…) für ein transparentes und faires Urheberrecht ein (…).“

Der BDG – Berufsverband der Kommunikationsdesigner wirkt laut eigener Aussage „im Sinne der Kommunikationsdesigner direkt oder über Dachorganisationen und politische Kontakte auf die Gesetzgebung ein.“

Bei der iDD – Initiative Deutscher Designverbände, in der AGD und BDG beide vertreten sind, steht laut eigener Aussage „aktuell (…) die politische Einflussnahme sowie der Aufbau der strukturellen und instrumentellen Ausstattung im Fokus.“

Der Deutsche Designertag (DT) ist ein weiterer, parallel (?) existierender Dachverband, der laut eigener Aussage „die Aufgabe [hat], die gemeinsamen Interessen der Designer und der designorientierten Wirtschaft gegenüber der Öffentlichkeit und Politik wahrzunehmen.“

Der DT ist als „Sektion Design“ Vertreter der Designwirtschaft im nächsthöheren (?) Dachverband namens Deutscher Kulturrat. Dieser ist laut eigener Aussage „Ansprechpartner der Politik und Verwaltung des Bundes, der Länder und der Europäischen Union in allen die einzelnen Sparten des Deutschen Kulturrates e.V. übergreifenden kulturpolitischen Angelegenheiten.“

Dieser Kulturrat hat sich als einziger der genannten Verbände zu der der Ausschusssitzung geäußert* und „fragt sich, ob es Unwissenheit oder Ignoranz ist“, dass kein Vertreter der Urheber eingeladen wurde. Ich wünsche mir, dass der Kulturrat sich das nicht selber fragt, sondern die beteiligten Politiker. Und die Antworten – auch wenn es vielleicht keine gibt – veröffentlicht.

Zugleich sollten sich der Deutsche Kulturrat und alle Unter- und Unterunterorganisationen wie AGD, BDG, iDD, DT und wie sie sich alle abkürzen, fragen, warum sie offenbar von der Politik in so einer wichtigen Frage ignoriert werden!? (Und warum wird eine Stellungnahme des Oberdachverbandes nicht von allen verbreitet?)

Also: Wieso schaffen es die Interessensvertretungen nicht, die eigenen, auf ihren jeweiligen Websites formulierten Ansprüche zu erfüllen? Der Politik „Unwissenheit oder Ignoranz“ zu unterstellen, mag richtig sein. Damit machen es sich die Organisationen aber viel zu einfach. Sie sollten sich an die eigene Nase fassen und gemeinsam (!) Strategien entwickeln und in praktische Arbeit umsetzen, um effektiv etwas für die Urheber zu erreichen bzw. erst einmal nicht mehr ignoriert zu werden. In einem Wort: Lobbyarbeit.

Dass dazu vielleicht auch eine andere Organisationsstruktur innerhalb der Interessensverbände der Designwirtschaft sinnvoll wäre – diesem Argument kann ich mich auch nicht verschließen.


* Aktuellste Meldung bzw. Pressemitteilung auf der jeweiligen Website:

  • AGD: 09. Juli 2014
  • BDG: 14. November 2014
  • iDD: 01. August 2014
  • DT: November 2013